Mehrfamilienhaus – Trinkwassererwärmer als Gefahrenquelle für Legionellen

Nicht untersuchungspflichtig = legionellensicher? Gefahrenquelle dezentrale Trinkwassererwärmer in Wohngebäuden

Dezentrale Trinkwassererwärmer werden in Wohngebäuden zur Einzel- oder Gruppenversorgung eingesetzt. Sie gibt es als Durchfluss- und als Speichersysteme. Für viele Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften stellen sie eine attraktive Lösung dar, weil es keine Pflicht zur Legionellenprüfung gemäß § 31 TrinkwV gibt. Doch sind diese Systeme wirklich so legionellensicher, wie Betreiber dies aufgrund der normativen Vorgaben und der fehlenden Untersuchungspflicht erwarten?

Unterschiede in der Untersuchungspflicht von Trinkwassererwärmern

Legionellen sind stäbchenförmige Bakterien, die in geringen Mengen natürlicherweise im Trinkwasser vorkommen, aber in hoher Konzentration schwere Erkrankungen wie eine atypische Lungenentzündung (Legionellose) hervorrufen können. Bei Temperaturen von 30 bis 45 °C finden sie in Trinkwasserinstallationen ideale Wachstumsbedingungen vor. Um einer Vermehrung von Legionellen effektiv vorzubeugen, sind daher bei Trinkwassererwärmern mit Zirkulation, wie sie oft in größeren Gebäuden vorkommen, die Temperaturen durch den Verweis der TrinkwV auf das Regelwerk klar definiert: Am Austritt des Erwärmers müssen mindestens 60 °C erreicht werden, während an jeder Entnahmestelle im Gebäude und im Rücklauf der Zirkulation mindestens 55 °C nach 3-Liter-Ablauf anliegen müssen. Dann gilt ein System sicher, wenn gleichzeitig der bestimmungsgemäße Betrieb über jede Entnahmestelle nach spätestens 72 Std. sichergestellt ist.

Prüfparameter für eine systematische Prüfung zum Nachweis der einwandfreien Beschaffenheit zur Übergabe / Abnahme (Verantwortungsübergang)

Auszug aus Tabelle 1 der VDI 6023 Blatt 1.
Prüfparameter Anforderungen
Temperatur des kalten Trinkwassers maximal 25 °C nach Ablauf von 3l, gemessen in 250 ml in einem Messbecher
Temperatur des erwärmten Trinkwassers gemäß DVGW W 551 (A) nach Ablauf von 3l, gemessen in 250 ml in einem Messbecher
Koloniezahl, Bestimmung gemäß § 15 Abs. 1c TrinkwV nach TrinkwV, Anlage 3 Teil 1

DIN 1988-200 zu dezentralen Trinkwassererwärmern

Zu dezentralen Trinkwassererwärmern gibt es Ausführungen in Kapitel 9.7.2.4 der DIN 1988-200. Diese sind aber aus hygienischen Gründen zu hinterfragen. Davon ist insbesondere die Wohnungswirtschaft betroffen. Denn die DIN 1988-200 sagt: „Dezentrale Durchfluss-Trinkwassererwärmer können ohne weitere Anforderungen betrieben werden, wenn das nachgeschaltete Leitungsvolumen von 3 l im Fließweg nicht überschritten wird.“ Hier sind also normativ die Warmwassertemperaturen frei wählbar, die Pflicht zum regelmäßigen Wasserwechsel über alle Entnahmestellen aber bleibt!

Sicherlich konnten die Regelwerkssetzer zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Norm nicht ahnen, was diese Aussagen im Zusammenhang mit der erstmaligen und allgemeinen Untersuchungspflicht auf Legionellen bewirken würden. Denn diese trat kurz vor Fertigstellung der neuen TrinkwV 2011 in Kraft (hier geht es zu Infos über die aktuelle TrinkwV). Sie legte erstmalig fest, dass beispielsweise Wohngebäude mit mehr als 2 WE und mit einer zentralen Großanlage zur Trinkwassererwärmung bis spätestens 31.12.2013 erstmalig auf Legionellen zu untersuchen seien – und dann alle drei Jahre erneut. Im Umkehrschluss bedeutete dies, dass Wohnungen mit dezentralen Trinkwassererwärmern nicht untersuchungspflichtig wurden. Man hielt sie fälschlicherweise für generell sicher – was das Umweltbundesamt in einer Mitteilung aber bereits 2018 korrigierte.

Legionellengefahr trotz fehlender Untersuchungspflicht

Viele Betreiber gehen davon aus, dass eine fehlende Untersuchungspflicht bei 1- und 2-Familienhäusern und in Wohngebäuden mit dezentralen Trinkwassererwärmern gleichzusetzen ist mit einer grundsätzlich hygienisch sicheren Trinkwasserinstallation.

Dies kann, muss jedoch nicht zwangsläufig der Fall sein. An dieser Stelle kann nicht auf alle Bauformen und Betriebsweisen von de-zentralen Trinkwassererwärmern eingegangen werden, obwohl auch sie einen bedeutenden Einfluss auf die hygienische Sicherheit dieser Geräte haben. Ein Praxisbeispiel: Ein dezentraler Wärmetauscher, der permanent von wenig Heizungswasser durchflossen wird, ist sicherlich hygienisch schlechter zu bewerten als ein nur bei Warmwasseranforderung mit Heizungswasser durchströmter Plattenwärmetauscher, der zudem noch schnell auskühlt, weil der Hersteller aus diesem Grund für dieses Bauteil keine Dämmung vorgesehen hat. Auch gibt es wichtige Unterschiede beim Kaltwasseranschluss und der Verlegung der Kaltwasserleitung im Gerät. Ein in das Gerät integrierter Kaltwasserzähler und einteilige Kreuzungsstücke mit dem Warmwasser sind eher suboptimal, da sich dadurch das Kaltwasser unzulässig erwärmen kann. In der Folge können sich dann Legionellen nicht nur im unzureichend erwärmten Trinkwasser warm (PWH) übermäßig vermehren, sondern auch im Trinkwasser kalt (PWC). Also sollte der Wasserzähler besser mit Abstand zum Gerät montiert werden.

Ein weiterer Risikofaktor bei dezentralen Trinkwassererwärmern besteht immer dann, wenn sich das Trinkwasser kalt (PWC) im Gebäude beispielsweise durch benachbarte Heizungsleitungen auf deutlich über 25 °C erwärmt und sich dadurch bereits in zentralen Bereichen der Trinkwasserinstallation einige Legionellen im Kaltwasser übermäßig vermehren. Denn diese werden im Plattenwärmetauscher der dezentralen Trinkwasserwärmer nicht sicher abgetötet. Der Grund hierfür ist die viel zu kurze Kontaktzeit des Trinkwassers mit den heißen Oberflächen im Plattenwärmetauscher. Selbst bei 60 °C wäre dafür eine Kontaktzeit von ca. 30 Minuten erforderlich!

Fazit

Legionellen können sich auch in nicht untersuchungspflichtigen Kleinanlagen oder dezentralen Trinkwassererwärmern übermäßig vermehren, selbst wenn diese den a. a. R. d. T. entsprechen. Insbesondere die Temperatur-Vorgaben der DIN 1988-200, Kapitel 9.7.2.4 „Dezentrale Trinkwassererwärmer“, sind zu hinterfragen und scheinen vor dem Hintergrund von aktuellen Praxiserfahrungen nicht mehr zeitgemäß. Welche Maßnahmen Besitzer und Betreiber von Gebäuden mit dezentralen Trinkwassererwärmern ergreifen können, um die Nutzer effektiv zu schützen, können Sie in Teil 2 zum Thema Trinkwassererwärmer  erfahren.

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