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Trinkwasserhygienische Hotspots in Krankenhäusern – Herausforderungen intelligent gelöst Teil 1

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Wo, wenn nicht im Krankenhaus, müssen höchste Anforderungen an die Hygiene gestellt werden? Ein wirkungsvolles Hygienekonzept muss dabei zahlreiche Facetten beinhalten. Neben der Hände-, Raum- und Raumlufthygiene kommt insbesondere der Trinkwasserhygiene an Waschplätzen, Duschen und WCs eine besondere Bedeutung zu. Dr. Peter Arens, Trinkwasserexperte bei SCHELL, hat Herausforderungen für die Trinkwasserhygiene im Krankenhaus identifiziert und stellt passende hygienische Optimierungsmaßnahmen vor. Dabei erklärt Dr. Peter Arens nicht nur die zugehörigen Normen, sondern hat auch praktische Tipps für Fachhandwerker*innen, Planer*innen, Betreiber*innen und Co. parat. Die Maßnahmen sind aber natürlich nicht nur für Krankenhäuser relevant, sondern in zahlreichen weiteren Gebäuden des öffentlichen Bereichs sinnvoll anzuwenden. In Teil 1 der Reihe beleuchtet Dr. Peter Arens die folgenden drei Herausforderungen:   

Herausforderung Nr. 1: Schlauchbrausen im nicht-häuslichen Bereich gemäß DIN 1988-100 

„Hinter diesem etwas sperrigen Normbegriff verbirgt sich die wahrscheinlich häufigste Abweichung zwischen dem Regelwerk und der Praxis innerhalb der SHK-Branche“, berichtet Dr. Peter Arens. Gemäß DIN 1988-100, Tabelle 1, Zeile 47 (Abb. 1) sind Schlauchbrausen, die direkt an die Trinkwasserinstallation angeschlossen sind, in ‚nicht-häuslichen Bereichen’ – wie Krankenhäusern – nicht vorgesehen. Sie dürfen nur über einen freien Auslauf vom Typ AA, AB oder AD bzw. einen Rohrunterbrecher vom Typ DC, also indirekt mit der Trinkwasserinstallation verbunden werden. „Der Regelwerksetzer befürchtet, dass eine Schlauchbrause im Rahmen von Nutzung oder Reinigung unter die maximale Rückstauhöhe von Dusch- oder Badewannenwasser gerät. Kommt es nun zu einem Unterdruck im System, würde das kontaminierte Wasser der Dusch-/Badewanne (höchste Kategorie 5 gemäß DIN EN 1717) über die Schlauchbrause in die Trinkwasserinstallation gesaugt. Dagegen helfen keine einfachen Rückflussverhinderer, sondern nur eine der genannten Sicherungseinrichtungen“, so Dr. Peter Arens. Gibt es eine alternative Technik, mit der man auf diese teuren Sicherheitseinrichtungen verzichten kann? „Ja“, bestätigt der Experte. 

Schutzziele ohne Sicherheitseinrichtungen erreichen

Als einfache Abhilfemaßnahme ohne Verletzung der Schutzziele benötigt man lediglich eine Schlauchbrause, die so kurz ist, dass der Duschkopf mindestens 20 mm in senkrechter Höhe über der max. Rückstauhöhe der Wannen zum „hängen“ kommt (Abb. 2, Buchstabe „H“). Im Klinikalltag kann dies jedoch zu Problemen führen, da das Pflegepersonal so kurze Schläuche teilweise nicht akzeptiert, da sie keine umfassende Patientenpflege ermöglichen. Es ist also eine andere Technik nötig, um die gewohnte Schlauchlänge von zumeist 160 cm installieren zu können. Dazu wird ein solcher Brauseschlauch mindestens 162 cm oberhalb der max. Rückstauhöhe der Wannen angeschlossen. 

„Bei einer Unterputzarmatur würde man dazu eine Leitung lediglich ca. 52cm nach oben verlegen (Höhe der Duscharmatur: 120 cm, Rückstauhöhe Duschwanne: 10 cm) und mit einem wandbündigen Anschlusswinkel zum Anschluss des Brauseschlauches versehen. Analog würde man bei einer Aufputzarmatur verfahren, die es auch mit Abgang nach oben inkl. Verrohrung gibt (vgl. Abb. 2, Buchstabe A) – z. B. aus der VITUS Serie von SCHELL. Damit wären solchermaßen angeschlossene Handbrausen auch in nicht-öffentlichen Bereichen konform mit den Schutzzielen der DIN EN 1717 und DIN 1988-100, ohne dass dafür teure Sicherungseinrichtungen benötigt oder weiterhin die Schutzziele dieser Norm ignoriert würden“, erläutert Dr. Peter Arens. Diese Anbringung bietet zudem noch einen weiteren Vorteil im Klinikalltag: „So angeschlossene Schlauchbrausen können während der Pflege nicht mehr auf die Füße von Patient*innen fallen und starke Schmerzen bin hin zu Mittelfußbrüchen verursachen“, ergänzt Dr. Peter Arens. 

Herausforderung Nr. 2: Entleerung von Schlauchbrausen 

„Diese Frage wird sicherlich seit zwei Jahrzehnten immer wieder gestellt und leider auch falsch beantwortet, obwohl sie durch Untersuchungen an mindestens zwei Hygiene-Instituten (Innsbruck und Gelsenkirchen) genauso lange und eindeutig geklärt ist und mit mikrobiologischem Hintergrund auch nachvollzogen werden kann“, berichtet Dr. Peter Arens. „Geraten Bakterien unter Stress, bilden sie verstärkt Biofilm. Darin sind sie nicht nur einige Zeit gegen Austrocknung, sondern bekanntermaßen auch gegen Desinfektionsmittel weitgehend geschützt.“ In Experimentalstudien wiesen temporär entleerte Brauseschläuche im Vergleich mit wassergefüllten eine deutlich erhöhte, biofilm-assoziierte Bakterienbelastung auf. Laut Innsbrucker Untersuchung hatte dies eine erheblich höhere Infektionsgefährdung zur Folge. Daher gibt es aus hygienischen Gründen die eindeutige Empfehlung, auf Einrichtungen zur selbstständigen Entleerung von Schlauchbrausen zu verzichten.

Herausforderung Nr. 3: Waschbecken ohne Überlauf und Siphonverschluss

In Pflegeeinrichtungen sollen Waschtische gemäß RKI Richtlinien ohne Überlauf installiert werden. Weiterhin sollte der Wasserstrahl nicht direkt in den dann offenen Siphon gerichtet sein. Den hygienischen Hintergrund dieser Maßnahmen erklärt Dr. Peter Arens: „Überläufe sind ein hygienisches Übel – die bereits grobsinnlich wahrnehmbaren, an ihnen haftenden schwarzen Beläge bestehen aus Pilzen und Mikroorganismen und können kaum bei der täglichen Reinigung entfernt werden.“ Ist kein Überlauf vorhanden, darf auch der Ablauf nicht verschließbar sein, um ein Überlaufen zu vermeiden. Auch hier gibt es, hygienische Herausforderungen: „Auf diesen offenen Ablauf darf auf keinen Fall der Wasserstrahl treffen. Sonst würden Bakterien aus dem Siphon aufgewirbelt und gelangen an die Hände der Nutzer*innen“, warnt Dr. Peter Arens. Nachgewiesen ist auch, dass diese Bakterien über den Strahlregler sogar die Trinkwasserinstallation ‚entern’ können, wenn dort der bestimmungsgemäße Betrieb nicht sichergestellt wird. Dabei ist die Lösung oftmals einfach. „Um das Schutzziel ‚Kein Wasserstrahl darf auf einen offenen Siphon treffen’ zu erreichen und den Aufprallpunkt kostengünstig zu verändern, reicht oftmals der Wechsel auf einen anderen Strahlregler aus, oder – etwas teurer – auf eine andere Auslauflänge (Abb. 3)“. SCHELL bietet neben Strahlreglern selbstverständlich auch Waschtisch-Armaturen mit verschiedenen Auslauflängen wie die wandhängenden VITUS Armaturen und in unterschiedlichen Größen, wie zum Beispiel die XERIS E-T, an. 

Optimierungsmaßnahmen übertragen

Die drei Beispiele zeigen, wie detailliert Trinkwasserhygiene im Krankenhaus betrachtet werden muss. Sie bieten aber auch wertvolle Hilfestellung: „Erkenntnisse aus medizinischen Einrichtungen ermöglichen es, wie mit einem Brennglas hygienische Optimierungsmaßnahmen zu erkennen und diese dann auch bei anderen Gebäuden in öffentlichen Bereichen anzuwenden. Die Techniken dafür sind bereits heute verfügbar, wie die Beispiele berührungsloser Armaturen für Waschtische und WCs zeigen“, so Dr. Peter Arens Fazit. Auch im Krankenhaus gilt dabei: Manchmal ist weniger mehr. „Das Beispiel der ‚Schlauchentleerung’ zeigt, dass aus hygienischen Gründen der Verzicht auf ein Bauteil besser sein kann, als dessen Einbau.“ 

Noch mehr Herausforderungen finden Sie in Teil 2 des Fachbeitrags.