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Erhalt der Trinkwassergüte und Legionellenprüfung im Mehrfamilienhaus und anderen gemischt genutzten Immobilien

8 Minuten Lesezeit

Mehrfamilienhaus-Immobilien in Innenstadtlagen beherbergen in aller Regel unterschiedliche Gewerbe und auch Wohnungen, die über einen gemeinsamen Trinkwasseranschluss und gemeinsam genutzte Bereiche der Trinkwasserinstallation verfügen. Aus den unterschiedlichen Arten der Nutzung resultieren auch unterschiedliche Anforderungen. Für den Betreiber großer Mehrfamilienhäuser ist es vor allem wichtig, seine Mieter für Maßnahmen zum Erhalt der Wassergüte zu sensibilisieren. Dazu sollte bereits in den Mietverträgen die Vereinbarung enthalten sein, dass jeder Mieter für einen regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel sorgen muss. Im Folgenden fasst Hygieneexperte Dr. Peter Arens ausgewählte Aspekte zusammen.

Bei der Planung von Trinkwasserinstallationen für Mehrfamilienhäuser kommt es auf das Raumbuch an

Noch immer gehört das Raumbuch (vgl. VDI 3810 Blatt 2 / VDI 6023 Blatt 3) zu den Phantomen der SHK-Branche. Viele haben davon gehört, doch wenige glauben, es je gesehen zu haben. Dabei liegt es grundsätzlich jedem Planer vor – wenn auch vielleicht nicht unter diesem Namen – und enthält die Raumanforderungen und die Ausstattungswünsche des Auftraggebers. Doch bevor diese eingetragen werden, werden gemäß VDI-Vorlage im Anhang A zunächst generelle Anforderungen an Art und Umfang der Nutzung (Abb. 1) abgefragt. Denn diese generellen Anforderungen haben einen Einfluss auf alle wasserführenden Ausstattungsgegenstände. Vor diesem Hintergrund sollen im Raumbuch schon in der zweiten Zeile die üblichen Nutzungszeiten und -tage festgelegt werden. Eine Zeile weiter geht es dann um mögliche Nutzungsunterbrechungen, wie beispielsweise in gemischt genutzten Objekten, Mehrfamilienhäusern oder Schulen, und noch eine Zeile weiter, ob Barrierefreiheit gefordert wird.

Mit diesen generellen Fragestellungen beginnt also der Dialog des Fachplaners mit dem Auftraggeber des Mehrfamilienhauses, – eine gute Gelegenheit, schon frühzeitig mit ihm über Maßnahmen zum Erhalt der Wassergüte zu sprechen. Denn im VDI 6023 Blatt 1 steht unter „5.3.1 Mindestanforderungen an die Inhalte des Raumbuchs“:

„Hierbei muss der bestimmungsgemäße Betrieb zugrunde gelegt werden, bei dem sichergestellt ist, dass an jeder Stelle der Trinkwasserinstallation ein vollständiger Wasseraustausch durch Entnahme innerhalb von maximal 72 Stunden stattfindet. Im Raumbuch ist zu berücksichtigen, dass ein fehlender Wasseraustausch über mehr als 72 Stunden als Betriebsunterbrechung gilt. Er ist zu vermeiden oder durch technische und/oder organisatorische Maßnahmen (siehe VDI 3810 Blatt 2*VDI 6023 Blatt 3) zu kompensieren.“

T-Stück-Installationen mit klaren einfachen Fließwegen gemäß Trinkwasserverordnung 2023

Noch immer hält sich in Teilen der Branche die Ansicht, dass für den Erhalt der Wassergüte allein die Rohrleitungsführung und endständige Spülstationen ausreichend sind. Dabei gilt gemäß § 10 der Trinkwasserverordnung 2023 (TrinkwV) als „Stelle der Einhaltung der Anforderungen“ immer der „Austritt aus den Entnahmestellen für Trinkwasser“ oder „an der nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendigen Sicherungseinrichtung“. Hier, und nicht an der Spülstation, werden auch die Wasserproben für die vorgeschriebenen Untersuchungen entnommen und die Ergebnisse gegen die Werte der Trinkwasserverordnung 2023 gespiegelt. Wird also eine Entnahmestelle, beispielsweise in einem großen Mehrfamilienhaus, nicht ausreichend genutzt, entsteht selbst bei einer Durchgangswandscheibe eine Totleitung bis zum Auslass aus der Entnahmestelle. Und zu Totleitungen nimmt die VDI 6023 Blatt 1 unter 5.3.8 deutlich Stellung: „Unzulässig sind nicht nur Bypassleitungen, bei denen keine Durchströmung nach spätestens 72 Stunden sichergestellt ist, und Totleitungen mit verschlossenen Enden, sondern auch ungenutzte Entnahmestellen. Letztere sind aufgrund ihrer Schnittstelle zur Umgebung besonders kritisch, da Mikroorganismen unter Umständen gegen die Fließrichtung (Rückverkeimung) in die Installation gelangen können.“

Vor diesem Hintergrund sind viele der heutigen Rohrleitungsführungen zu hinterfragen. Denn wenn jede Entnahmestelle ohnehin genutzt werden muss, dann sollten vor allem wieder einfache klare Fließwege bevorzugt werden. Dies ist in besonderem Maße bei T-Stück-Installationen mit vergleichsweise geringem Wasserinhalt und geringen Oberflächen gegeben. Geringe Oberflächen schützen das Trinkwasser kalt passiv gegen eine übermäßige Erwärmung. Übrigens haben T-Stück-Installationen nie den Rang einer a. a. R. d. T. verloren.

Grundsätzlich sind also individuelle Lösungen gefragt. So sollten beispielsweise saisonal ungenutzte Entnahmestellen wie zur Gartenbewässerung möglichst eingeschleift werden. Und beim Einsatz von Kleinstdurchlauferhitzer muss der Planer die Rohrleitungen deutlich kleiner dimensionieren, da steckerfertige Geräte lediglich einen Berechnungsdurchfluss von 0,03 l/min haben, also weniger als die Hälfte „normaler“ Entnahmestellen (0,07 l/min). Ohne diese Berücksichtigung wären die zuführenden Leitungen zu Kleinstdurchflusserwärmern um mehr als 50 % überdimensioniert.

Unterschiedliche Anforderungen in großen, gemischt genutzten Mehrfamilienhäusern

Lebensmitteleinzelhandel

Im Erdgeschoss von innerstädtischen Mehrfamilienhaus-Immobilien befinden sich oft Geschäfte des täglichen Bedarfes, wie Lebensmittelgeschäfte. Sie haben in aller Regel 6 Tage die Woche über mehr als 10 Stunden geöffnet, so dass hier von einem ausreichenden Wasserwechsel allein schon durch die regelmäßige Nutzung auszugehen ist. Allerdings kommt hier der Handhygiene eine besondere Bedeutung zu: Denn die Hände des Personals kommen durchgehend mit verpackten oder offenen Lebensmitteln in Kontakt. Auch deshalb sollte eine besondere Aufmerksamkeit auf helle freundliche und vor allem saubere Personalräume gelegt werden, die zur Körperreinigung einladen. Berührungslose Armaturen minimieren gerade unter diesen Umständen das Ausmaß möglicher Kontaminationen, die über Hände übertragen werden. Sie tragen also nicht nur zur Lebensmittelsicherheit, sondern auch zu einem geringeren Krankenstand des Personals bei.

Büroräume

In Büroräumen sind es die Kunden- und Personal-WCs, die einen modernen und sauberen Eindruck hinterlassen müssen. Große, an den Rändern hinterleuchtete Spiegelflächen verschaffen auch kleinen Räumen eine optische Größe und Helligkeit (Abb. 2). Da in Büros auch Brückentage oder Betriebsferien über den Jahreswechsel haben, kommt es hier zu Betriebsunterbrechungen, die durch organisatorische oder technische Maßnahmen kompensiert werden müssen (VDI 6023 Blatt 1). Denn eine unzulängliche Wasserbeschaffenheit während dieser Betriebsunterbrechungen kann auch einen Einfluss auf die Nutzungsbereiche anderer Mieter im gemischt genutzten Mehrfamilienhaus haben.

Gesundheitseinrichtungen

Oftmals befinden sich neben Apotheken auch Bereiche mit ärztlichen Einrichtungen in großen Mehrfamilienhaus-Anlagen. Beispiele hierfür sind kieferorthopädische Praxen und Dialysezentren. In diesen Gesundheitseinrichtungen werden an die Wasserbeschaffenheit erhöhte Anforderungen gestellt. Beispielsweise muss das Trinkwasser neben der Legionellenprüfung zusätzlich auch auf Pseudomonas aeruginosa untersucht werden. In solchen hochsensiblen Bereichen kann es sogar sinnvoll sein, das Trinkwasser aktiv zu kühlen, wenn passive Maßnahmen allein nicht ausreichen (BTGA-Praxisleitfaden „Wie halte ich Kaltwasser kalt“). Denn in einigen Räumen von ärztlichen Praxen müssen Entnahmestellen für Trinkwasser vorhanden sein, obwohl die Raumtemperatur dauerhaft zwischen 24 und 27 °C liegt. Hier würde ein Wasserwechsel nicht allein für die Temperaturhaltung und damit für den Erhalt der Wassergüte ausreichen. Aber auch bei aktiver Kühlung muss weiterhin für einen regelmäßigen Wasserwechsel gesorgt werden.

In modernen Praxen werden heutzutage fast nur noch elektronische Armaturen verbaut, um die Hand- und Trinkwasserhygiene zu unterstützen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass aus Versicherungsgründen die Strom- und Wasserversorgung außerhalb der Betriebszeiten (nachts, an Wochenenden, in Betriebsferien) zumeist über Schlüsselschalter unterbrochen werden. Daher muss die Stromversorgung der Armaturen zum Zeitpunkt der Stagnationsspülungen auch gewährleistet und das zentrale Ventil zur Absperrung der Trinkwasserinstallation tatsächlich geöffnet sein – in der Praxis klappt das nicht immer. Mit dem SCHELL Wassermanagement-System SWS (Bild 3) inkl. SWS Leckageschutz-Armatur (Bild 4) gibt es aufeinander abgestimmte Systemkomponenten, die dem Betreiber helfen, für eine hohe Betriebssicherheit zu sorgen, beispielsweise durch Legionellenprüfung durch den Vermieter.

Trinkwasserverordnung 2023 zur Legionellenprüfung: Mehrfamilienhaus-Besitzer in der Pflicht

Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) wurde 2023 vollständig neu aufgesetzt. Sie regelt nun Sicherung und Überwachung der Trinkwassergüte vom Erfassungsgebiet des Trinkwassers durch den Wasserversorger bis hin zur Abgabe des Trinkwassers durch den Betreiber an den Verbraucher – auch in Mehrfamilienhäusern. Auch 2023 ist wesentlicher Bestandteil der Trinkwasserverordnung, Legionellen pflichtgerecht zu vermeiden und zu bekämpfen.

Wichtig für Betreiber:

  • Untersuchungspflicht: Großanlagen, in denen Trinkwasser vernebelt wird - wie beispielsweise Duschen - sind untersuchungspflichtig, genauso wie neue Trinkwasserinstallationen in öffentlichen, halböffentlichen und gewerblichen Gebäuden.
  • Risikoabschätzung: Die Risikoabschätzung löst die Gefährdungsanalyse ab und hat zum Ziel, sich bei der Sanierung auf wesentliche Risiken zu fokussieren. Sie kann auch ohne Legionella-Nachweis erfolgen.
  • Neuer Technischer Maßnahmenwert: Das Erreichen von 100 koloniebildenden Einheiten / 100 ml ist nun maßgeblich dafür, eine Risikoabschätzung vornehmen zu müssen.
  • Informationspflicht: Der Betreiber muss Verbraucher informieren, wenn Werte überschritten sind.
  • Probennahmestellen: Der Betreiber muss für geeignete Probennahmestellen sorgen.

Neuer Technischer Maßnahmenwert für Legionellen-Grenzwerte (Tabelle)

Bisher galt der nun in Anlage 3 Teil II festgelegte Maßnahmenwert für Legionellen auch im Mehrfamilienhaus erst bei Überschreiten der 100 Koloniebildenden Einheiten (KBE) / 100 ml als Auslöser der (jetzt Risikoabschätzung genannten) Vorgehensweise. Jetzt reicht das Erreichen von 100 KBE / 100 ml bereits dafür aus – mit den bekannten Konsequenzen. Dies sind unter anderem die Erstellung einer Risikoabschätzung gemäß § 51 und Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher. Eine Möglichkeit ist beispielsweise der Einsatz von endständigen Sterilfiltern. Diese eine Legionelle hört sich nicht nach einer deutlichen Verschärfung an. Sie ist es aber. Denn oftmals wird im Labor in einem Milliliter Untersuchungsvolumen eine Legionelle nachgewiesen, nicht aber in der gefilterten Probe von beispielsweise 80 mm, obwohl hier 80mal mehr Legionellen zu erwarten gewesen wären. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, die von Zufallsbefund bei der Legionellenprüfung bis hin zum Überwachsen der Legionellen durch die Begleitflora des Trinkwassers reichen, so dass kein kultureller Nachweis bei der gefilterten Probe möglich ist. Um die Folgen dieser Verschärfung statistisch besser abzusichern, hat das Umweltbundesamt neue Anforderungen erstellt (Bundesgesundheitsblatt 2023, S. 218): Mit Inkrafttreten des neuen Maßnahmenwertes müssen im Rahmen einer Legionellenprüfung mindestens drei Kolonien von Legionella spec. im Labor nachgewiesen werden, damit eine Überschreitung vorliegt. Es müssen also nicht noch mehr teure Proben entnommen werden, sondern lediglich Aufwand und Kosten im Labor steigen moderat durch einen zweiten Direktansatz und eine andere Art der Auswertung.

Fazit

Der Erhalt der Trinkwassergüte im großen Mehrfamilienhaus und in Immobilien mit gemischter Nutzung, kann nur dann gelingen, wenn Besitzer und alle Mieter ihre Aufgaben genau kennen und umsetzen. Denn nicht oder unzureichend genutzte Bereiche der Trinkwasserinstallation können einen Einfluss auf andere Bereiche im Gebäude haben, in denen Lebensmittel verkauft oder Patienten behandelt werden. Daher ist es wichtig, dass in einem ersten Schritt der Fachplaner den Auftraggeber in dieser Hinsicht berät und dann die Pflicht zum regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel im Mietvertrag verankert wird. Diese Art der Sensibilisierung ist ein erster wichtiger Schritt, kann aber keine technischen und/oder organisatorischen Maßnahmen zum Wasserwechsel über alle Entnahmestellen ersetzen.
Autor: Dr. Peter Arens, Experte für Trinkwasserhygiene bei SCHELL

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